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Die Versorgungslage nach dem Zweiten Weltkrieg – Hilfsmaßnahmen

| Geschichten | | Amerikaner Nachkriegszeit
Vitrine mit einem CARE-Paket mit Inhalt im Themenbereich Hungerwinter 1946/47 in der Ausstellung „Als die Demokratie zurückkam“ im Vonderau Museum. © Stadt Fulda

Erste Hilfslieferungen nach Kriegsende – etwa aus der Schweiz, Dänemark oder Schweden – erreichten die deutsche Bevölkerung bereits 1945.

CARE-Pakete

Bis heute bekannt sind die braunen Pakete der US-Hilfsorganisation CARE (Cooperative for American Remittances to Europe), die erstmals am 15. Juli 1946 nach Deutschland geliefert wurden. Zwischen 1946 und 1960 wurden sie in Westdeutschland gegen den Hunger verteilt.

Die Pakete, welche für jeweils 10 Dollar aus privaten Spenden finanziert wurden, enthielten Nahrungs- und Genussmittel wie Dosenfleisch, Schokolade, Zucker, Trockenobst, Hefe, Mehl, Milchpulver und Kaffee. Die CARE-Pakete stellten ein Symbol der amerikanischen Hilfen und Unterstützung gegenüber der deutschen Bevölkerung in der Nachkriegszeit dar. Diese Pakete konnten in der vorherrschenden schwierigen Versorgungslage, vor allem im Hungerwinter 1946/47, lediglich noch Zeichen setzen, aber keine Abhilfe schaffen.

Am 30. April 1947 war Oberst James R. Newman, Leiter der amerikanischen Militärregierung in Hessen, in Fulda, um mit den regionalen deutschen Behörden und Vertretern der Militärregierung über die Zusammenarbeit und Probleme vor Ort zu sprechen. Zum Verwaltungsbezirk Fulda der Militärregierung gehörten die Kreise Fulda, Hünfeld, Lauterbach, Schlüchtern, Hersfeld, Gelnhausen, Büdingen und Rotenburg. Newman sprach von der bisher schwierigsten Aufgabe seines Lebens, „einen Staat von vier Millionen hungernder Menschen zu regieren.“ Zur Bewältigung der Hungerkrise wurden allein zwischen Mai und August monatlich 300.000 Tonnen Lebensmitteln aus den USA in die amerikanische Besatzungszone eingeführt.

Schulspeisung

Die Lebensmittelzuteilung lag zwischen 1945 und 1948 häufig nicht über 1.000 Kalorien für Normalverbraucher. Viele Menschen, vor allem die Kinder, litten an Unterernährung. Zur Bewältigung der Hungerkrise führten die Amerikaner, wie auch in den anderen Besatzungszonen, die Schulspeisung mit Lebensmitteln aus den Armeebeständen ein. In Fulda erhielten die Schülerinnen und Schüler ab Mai 1947 eine zusätzliche warme Mahlzeit mit rund 350 Kalorien. Bei der Zubereitung und Verteilung der Mahlzeiten halfen ehrenamtliche Mitarbeiterinnen von Caritasverband, Innerer Mission, Rotes Kreuz und Arbeiterwohlfahrt.

Oberst Newman äußerte sich zur Schulspeisung mit folgenden Worten:

„Dies geschieht, weil die amerikanische Bevölkerung nicht wünsche, daß diese Kinder halb verhungert aufwachsen. Sie sollen vielmehr einen richtigen Begriff von der Demokratie bekommen. ‚Richtschnur unseres Handelns dabei ist, daß diese Kinder nicht verantwortlich gemacht werden können für die Sünden ihrer nationalsozialistischen Väter.“

Fuldaer Volkszeitung, 1.5.1947

Demgegenüber führte der Fuldaer Landrat Georg Stieler an, dass die schwierige Ernährungssituation, die Entnazifizierung und die Flüchtlingsfrage derzeit die größten Schwierigkeiten in Fulda seien (vgl. Fuldaer Volkszeitung, 1.5.1947).

Ab Mai 1947 wurde für Kinder und Jugendliche der Volksschulen und höheren Schulen erstmals die Schulspeisung in der Stadt und im Landkreis Fulda organisiert. Durchschnittlich 6.500 Kinder erhielten dadurch eine zusätzliche warme Mahlzeit. Ab 1. März 1948 traten strengere Zulassungsbedingungen in Kraft, sodass nur noch 3.600 Kinder die Schulspeisung bekamen (vgl. Verwaltungsbericht 1947, S. 17). In Fulda war die Schul- sowie die Stadtverwaltung für die Durchführung der Schulspeisung verantwortlich. In den Schulen wurden Küchen eingerichtet und die Verteilung organisiert, um täglich 8000 Portionen ausgeben zu können. Für ein Essen musste jedes Kind 0,1 RM zahlen (vgl. Fuldaer Volkszeitung, 16.5.1947). Zur Schulspeisung brachten die Kinder eigenes Geschirr wie Emaille-Tassen, Henkeltöpfchen oder Blechdosen mit, denn häufig gab es Suppe oder Kakao.

Der Fuldaer Polizeichef Rupperti gab in seinem Stimmungsbericht ein Bild der Situation nach Schulschluss wider:

„Nach Schluss der Schulstunden beherrschen die Schulkinder mit ihren Töpfen und Töpfchen in allen Variationen, die sie klappernd schwenken, das Strassenbild. Die Tatsache, dass diese gute Sache nunmehr ohne grossen organisatorischen Aufwand ihren Anfang genommen hat, fand in allen Kreisen lebhafte Genugtuung und hat ein dankbares Gefühl ausgelöst.“

Rupperti, Stimmungsbericht, 14.5.1947

 

Verwendete Quellen und Literatur:

  • Ausstellung „Als die Demokratie zurückkam – 75 Jahre Verfassung in Hessen und Fulda“ im Vonderau Museum Fulda (15.7. – 24.10.2021).
  • Fuldaer Volkszeitung, 1947 (Stadtarchiv Fulda).
  • Politische Stimmungsberichte des früheren Polizeidirektors Gerd Rupperti vom 8.11.1945 bis 16.4.1948 Stimmungsberichte (Stadtarchiv Fulda, M 620)
  • Sagan, Günter: Besatzungsjahre (1945-1949), in: Fuldaer Geschichtsverein (Hg.): Geschichte der Stadt Fulda. Von der fürstlichen Residenz zum hessischen Sonderstatus, Bd. 2, Fulda 2008, S. 205-238.
  • Sagan, Günter: Die frühe Nachkriegszeit in der Region Fulda. Die Jahre 1947 bis 1949, Petersberg 2020.
  • Verse, Frank (Hg.): Als die Demokratie zurückkam. 75 Jahre Verfassung in Hessen und Fulda. Begleitband zur Ausstellung, Fulda 2021.
  • Verwaltungsbericht der Stadt Fulda, 1947 (Stadtarchiv Fulda).

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