Trümmer, Zerstörung, Wiederaufbau
In den letzten drei Kriegsmonaten war der Schulbetrieb komplett zusammengebrochen. Die Schulgebäude wurden durch die Bombeneinschläge und Plünderungen nicht komplett zerstört, jedoch war eine sofortige Nutzung undenkbar. Nach umfangreichen Räumungs- und Reparaturarbeiten, an denen sich die Lehrkräfte, Eltern und Schüler beteiligten, konnte der Betrieb in den Schulgebäuden erst allmählich wiederaufgenommen werden.
Die Rolle der amerikanischen Militärregierung
Nach der Einnahme Fuldas am 1. April 1945 durch die US-Truppen blieben die Schulen zunächst geschlossen. Die von der amerikanischen Militärregierung stark vorangetriebene Entnazifizierung und die damit einhergehenden Säuberungsmaßnahmen betrafen auch die Schulen, da das Schulwesen die Basis für die neue Demokratie bilden sollte. Zahlreiche ehemalige Lehrer waren Mitglieder in der NSDAP und mussten entnazifiziert werden, sodass sie aus dem Beruf ausschieden. Laut des Verwaltungsberichtes der Stadt Fulda von 1946 blieben bspw. in der Heinrich-von-Bibra-Schule nur noch neun von ursprünglich 17 Lehrern übrig. Darüber hinaus wurden auch die Fuldaer Volksschulen, die zuvor einen vom Nationalsozialismus belasteten Namen trugen, umbenannt. Aus der „Hindenburgschule“ wurde die „Stadtschule 1“ (heute Heinrich-von-Bibra-Schule) und der „Horst-Wessel-Schule“ die „Stadtschule 2“ (heute Adolf-von-Dalberg-Schule).
Verantwortlich für den Wiederaufbau des Schulwesens in Fulda war seit dem 27. Juni 1945 bis 1947 Dr. Franz Hilker, der von der amerikanischen Militärregierung zum Oberschulrat für den Stadt- und Landkreis Fulda ernannt wurde. Zuvor war er bis 1943 Leiter des „Zentralinstituts für Erziehung und Unterricht“ in Berlin. Die Lehrpläne wurden nach 1945 umfassend reformiert, da der Unterricht und die Lehrmittel von Militarismus und Nationalsozialismus befreit werden sollten. Unter anderem wurden die Schulbücher dazu in drei Kategorien eingeteilt (A= genehmigt, B= nicht genehmigt, C= unter Auflagen) und der Einsatz von Werken aus der NS-Zeit verboten.
Wiedereröffnung der Schulen
Im Rahmen einer zentralen Eröffnungsfeier wurden am 24. September 1945 am Spielplatz der Domschule die Fuldaer Volksschulen eröffnet. An der Feier, die von Dr. Franz Hilker und Vertretern der Militärregierung geplant worden war, nahmen ungefähr 3000 Kinder, Eltern, Lehrerinnen und Lehrer sowie geladene Gäste teil. Leutnant Finkelstein, ein Vertreter der Fuldaer Militärregierung, betonte in seiner Rede, dass die Wiedereröffnung der Fuldaer Volksschulen ein „bedeutsamer Schritt auf dem Wege zu einem gereinigten Deutschland“ sei. Er endete mit den Worten: „Ich bete, dass der Geist der Demokratie triumphieren und das Volksschulwesen sich bald als die Wiege des wiedergeborenen Gewissens erweisen möge.“
In dem Stadtschulgebäude (heute Vonderau Museum) waren nach dem Zweiten Weltkrieg zwei Volksschulen, die heutige die Heinrich-von-Bibra-Schule und Adolf-von-Dalberg-Schule untergebracht, die als Stadtschulen 1 und 2 wiedereröffnet wurden. In der Heinrich-von-Bibra-Schule wurde Franz Heurich Schulleiter, der 1934 aus politischen Gründen seines Amtes enthoben worden war, da er Widerstand gegen das NS-Regime geleistet hatte. Zusammen zählten sie mehr als 2.200 Schulkinder. Die Gesamtzahl der Lehrkräfte beider Volksschulen lag bei 34. Nach dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung erhielten die Schulen am 26. August 1946 ihren heutigen Namen.
Am 10. Oktober 1945 eröffneten die Volksschulen im Fuldaer Land und am 15. Oktober 1945 die Höheren Schulen/Gymnasien: das Staatliche Aufbaugymnasium (heute Winfriedschule) am Heinrich-von-Bibra-Platz, das Städtische Realgymnasium (ab 1959 Freiherr-vom-Stein-Schule) im ehemaligen Lehrerseminar in der Leipziger Straße 2, das Domgymnasium in der Alten Universität (ab 1948 Rabanus-Maurus-Schule in der Magdeburger Straße 78) und das private Realgymnasium für Mädchen in der Lindenstraße 27 (heute Marienschule).
Schulalltag
Der Mangel an Lehrkräften durch die Säuberungsmaßnahmen der amerikanischen Militärregierung führte dazu, dass es zunächst Klassengrößen von teilweise 60 und mehr Kindern gab. Aufgrund des Lehrermangels wurden pensionierte Lehrer wiedereingestellt und sogenannte Schulhelfer beschäftigt. Dies waren häufig Abiturienten oder Studenten ohne pädagogische Kenntnisse, die nur eine Kurzausbildung erhielten. Einer dieser Schulhelfer war Elmar Schick, der ab dem 15. November 1945 in der Adolf-von-Dalberg-Schule arbeitete.
In den ersten Nachkriegsjahren fehlte es neben dem Personal auch an Lehrmitteln, Räumen und Heizmaterial, sodass der Mangel in allen Bereichen einen geregelten Schulbetrieb verhinderte. Insbesondere im Hungerwinter 1946/47 verschlechterte sich zudem die Energie- und Lebensmittelversorgung der Bevölkerung dramatisch. Ein Bericht der heutigen Heinrich-von-Bibra-Schule von 1946 beschreibt die Auswirkungen auf die Kinder und Jugendlichen exemplarisch:
"So waren die Schulversäumnisse bei den Schülern infolge Unterernährung, schlechten Schuhwerks und besonders durch die große Kälte des Winters 1946/47 erheblich. An bedürftige Schulkinder wurde soweit als möglich eine Sonderbesohlung des Schuhwerks durchgeführt. […] Es fehlen Tafeln, Hefte, Zeichenmaterial und Bücher."
In einem weiteren Beitrag erinnert sich der Zeitzeuge Helmut Arnold an seine Schulzeit in der Nachkriegszeit in Fulda.
Verwendete Literatur und Quellen:
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